Der „Zirkus des Lebens“ begrüßt seine zwei heutigen Darsteller:
„Seele“ und „Körper“!
„Seele“ zeigt auf der Bühne des Lebens seit geraumer Zeit eine Vorführung, an der sie kaum Freude empfindet. In ihrem Innersten ist sie sogar im Widerstand gegen ihr eigenes Programm, doch sie versucht, darüber hinwegzugehen. In der Hoffnung, doch noch Glück und Zufriedenheit zu finden, nimmt sie aber die wachsende Unzufriedenheit in Kauf.
Die Kinder auf der Zuschauertribüne leiden mit ihr und immer wieder bricht eines in Tränen aus. Sie sehen, wie sehr sich „Seele“ anstrengt und abmüht. Doch stets spüren sie, dass die Show ohne eine Veränderung von „Seele“ kein gutes Ende nehmen kann. Eigentlich müsste die Vorführung abgebrochen werden, doch der Zirkusdirektor zögert, denn diese Entscheidung liegt nicht in seiner Verantwortung.
„Körper“ hält dieses Schauspiel keine Sekunde länger aus und nimmt das Zepter in die Hand. Er tritt entschlossen auf die Bildfläche und fordert „Seele“ dazu auf, die Bühne zu räumen. „Hab keine Bedenken, mein Seelenfreund, ich werde die Show in der gleichen Intensität fortführen. Niemand wird einen Unterschied bemerken“, sagt „Körper“ zu „Seele“.
Daraufhin zieht sich „Seele“ zurück und schaut „Körper“ dabei zu, wie er sich verausgabt und nach einiger Zeit völlig erschöpft zu Boden geht.
Leider ist „Seele“ zu schwach, um ihm Hilfe zu leisten. Erstaunt sieht sie, wie „Körper“ ihr plötzlich zuzwinkert und die Worte flüstert: „Warte nicht immer erst auf mich. Ich kann dir nur bedingt helfen. Nun möchte ich, dass du dir endlich etwas Zeit nimmst und dich um dich selbst kümmerst.“
© 2022 Marcel Schönefeld
Auszug aus dem Buch: „Geschichten aus dem Zirkus des Lebens.“
Im Zirkus des Lebens 