Der „Zirkus des Lebens“ begrüßt seine zwei heutigen Darsteller:
„Liebe“ und „Verliebtheit“!
Mit tränengefüllten Augen und wütendem Blick stürmt „Verliebtheit“ auf die Bühne und stößt „Liebe“ beherzt zur Seite. Ein Raunen geht durch das Zirkuszelt und etliche Zuschauer sind entsetzt, während andere bereits ahnen, was „Verliebtheit“ schmerzend auf der Seele liegt.
Ungehalten ertönt ihre Stimme, derweil „Liebe“ sanft und verständnisvoll in die Augen ihres Gegenübers blickt. „Du bereitest mir nichts als Kummer und Leid!“, ruft „Verliebtheit“. „Warum verschwindest du immer wieder und lässt mich allein zurück? Ich hasse dich dafür und wünschte, dich niemals kennengelernt zu haben.“
Geschwächt sinkt sie zu Boden und „Liebe“ setzt sich zu ihr: „Mein Kind, ich habe dich nie verlassen und ich werde auch alles dafür tun, um bei dir bleiben zu können.
Lass dir aber gesagt sein, dass ich die Einseitigkeit in unserem Miteinander satt habe. Auch du musst deinen Anteil aufbringen. Nicht ich habe dich verlassen, sondern deine rosarote Brille ist dir von der Nase gerutscht und nun gilt es aufzupassen, dass dein Mut dich nicht verlässt.“
Anschließend herrscht Stille unter den Zuschauern im Zirkuszelt, als „Verliebtheit“ fragt: „Was genau meinst du damit?“
„Damit meine ich deinen Mut, für die Liebe etwas zu tun. Im Vergleich zu dir bin ich weitaus mehr als ein Kribbeln im Bauch. Es ist nicht selbstverständlich, dass ich in Erscheinung trete, und wenn ich will, kann ich ganz schön unangenehm werden. Doch sobald ich spüre, dass ich bei Schwierigkeiten und Konflikten bleiben darf, setze ich mich in den Herzen fest und lasse Seelen leichter werden.“
Danach vergehen mehrere Wochen, in denen beide an sich arbeiten. Schlussendlich entscheidet sich „Verliebtheit“, die Vorführung mit „Liebe“ im Herzen neu aufzuführen, und es ist für die Zuschauer schwierig geworden, die beiden auseinanderzuhalten.
© 2022 Marcel Schönefeld
Auszug aus dem Buch: „Geschichten aus dem Zirkus des Lebens.“
Im Zirkus des Lebens 